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Montag, 28. März 2011, 17:06

Thomas Mann - Der Zauberberg

„Gut gebrüllt, Löwe!“ denkt Hans Castorp, im Sinne Shakespears, während einer Diskussion mit seinem willensstarken Mentor Lodovico Settembrini in Thomas Manns' Zauberberg.
Castorp ist ein erfolgreicher junger Schiffbautechniker aus einer angesehenen Hamburger Kaufmannsfamilie. Er steht im Leben, ist gefestigt, weiß was er will.
Er möchte seinen Vetter Joachim besuchen und reist dafür in die Schweizer Alpen, Nahe Davos, denn sein Vetter weilt gerade in einem Sanatorium für Lungen- und Nervenkranke. Obwohl Castorp anfangs vorhatte nur 3 Wochen zu bleiben, nimmt ihn die Atmosphäre dieser von der Außenwelt völlig abgeschlossenen 'Parallelwelt' schnell und gänzlich ein und er beschließt länger zu bleiben. Nachgerade verantwortlich ist dafür auch der, bereits angesprochene, Freimaurer, Aufklärer und Verführer Settembrini.
In heißblütigen Diskussionen lehrt Settembrini Castorp die Verantwortung und Freiheit die hinter den Idealen der Aufklärung verborgen liegen und führt ihn die Welt des Geistes und der Vernunft ein.
Castorp erkennt schnell, dass er sich hier zu Hause fühlt, erkennt was er bisher vermisst hat und sieht sein bisheriges Leben und Schaffen im Sturm wanken. Er verliert zunehmend den Sinn für die Realität der Geschichte die sich außerhalb des Sanatoriums, bis hin zu den dramatischen Entwicklungen 1914 entwickelt.

In dieser seiner Realität, die geprägt ist von einer unheimlichen seelischen und körperlichen Morbidität um ihn herum, von den dagegen stehenden festen und alltäglichen Strukturen des Sanatoriums mit Schlafens-, Essens-, Wach- und Untersuchungszeiten, ändert sich für Castorp der Fluss der Zeit, die er nur noch subjektiv wahrnimmt, sie erscheint ihm als reine Gegenwart ohne Anfang und Ende. Zeit ist lediglich ein Begriff, der für ihn weder fassbar noch greifbar ist.

Bald zeigt sich, dass er doch nicht so gesund ist, wie er anfangs dachte, die Klinikleitung legt ihm nahe, weiter im Sanatorium zu bleiben, er leidet in der Folge an Fieber und einer Erkältung, nimmt zunehmend an Therapien teil und ist schließlich ein 'vollwertiger Patient'.

Sein Mentor Settembrini ist unheilbar krank und entschließt sich das Sanatorium zu verlassen, um im nahe gelegenen Davos, ohne weitere Therapien, zu leben. Dort lernen die beiden Freunde Naphta kennen, einen zum Katholizismus konvertierten Juden, der rhetorisch und intellektuell hochbegabt ist. Beide finden schnell Gefallen an Naphtas kalter Logik, die ihre Diskussionen lebhaft bereichert, besonders Castorp zeigt sich beeindruckt von der ideologischen Gewalt Naphtas die sogar seinen geliebten Lehrmeister Settembrini in seine Schranken verweist.

Wenig später beginnt der vielzitierte 'Totentanz'. Nach dem Tod seines Vetters Joachim ist Castorp zunehmend fasziniert von der Ästhetik des Todes der gerade im Sanatorium immer wieder bedrohlich die Sense schwingt. In einer spiritistischen Séance versucht Dr. Krokowski, der psychiatrische Leiter des Sanatoriums, den Geist des toten Vetters Joachim heraufzubeschwören, was ihm auch gelingt. Castorp erlebt immer wieder surreale Träume. Während eines Skiausfluges gerät er in einen Schneesturm, schläft erschöpft ein und träumt von zwei Hexen, die ein kleines Kind zerreißen und fressen.
Er erkennt, dass es im Grunde des menschlichen Seins nur darum geht, das Häßliche, Böse und Rohe, die Leidenschaften, zu besiegen. Und er erkennt auch wie nahe der Tod, auch ihm, immer ist.
Castorp besucht fortan die Sterbenden des Sanatoriums und beobachtet sie in ihrem Sterben.

Es vergehen 7 Jahre, bis Hans Castorp aus diesem Totentanz erwacht und als er erwacht muss er feststellen, dass ein neuer, viel gewaltigerer, viel vernichtenderer Totentanz begonnen hat.
Er steigt von seinem Sanatoriumsberg herab und stellt fest:

'Es ist ja Krieg!'
(Der erste Weltkrieg.)

Kaufbar ist 'Der Zauberberg' für Eur 12,95 bei Amazon.
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »sandria_girrith« (28. März 2011, 17:17)


2

Dienstag, 29. März 2011, 00:11

Die gebundene Ausgabe für gerade mal 2 Euro mehr finde ich wesentlich schöner. *Offtopic an:* Und dass böse ist, wer bei Amazon kauft, ist eh klar ;) *Offtopic off*

Ansonsten steht dieser Roman bei mir sehr weit oben auf der Leseliste. Ist er vom Lesen her vergleichbar mit den Buddenbrooks?

3

Dienstag, 29. März 2011, 00:27

Gute Frage....qualitativ sicher ja, denn es handelt sich ja immerhin um Thomas Mann.

Ich würde dir aber wirklich, zum Einstieg, den Zauberberg empfehlen, denn die Buddenbrooks sind doch ziemlich zäh und da muss man den Thomas Mann als Autor schon kennen. Mir fehlen seit 5 Jahren noch 30 Seiten bis zum Ende und ich hab keinen Bock.oO

Im Gegensatz dazu lohnen die letzten 30 Seiten vom Zauberberg wirklich ungemein, also ich habe bis dato noch nichts gelesen, was annähernd so groß ist! ^^
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »sandria_girrith« (29. März 2011, 00:33)


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Dienstag, 29. März 2011, 00:50

Die Buddenbrooks habe ich längst gelesen und geliebt (jaaa, ich finde sie nicht - wie so viele - zäh, ganz im Gegenteil).
Vom Zauberberg habe ich seither immer gehört, es wäre so harte Kost (auch im Vergleich zu den Buddenbrooks) und, nachdem alle auch immer über die Buddenbrooks schimpfen, weiß ich die Kritik nicht einzuordnen. Trotzdem hielten mich diese Einschätzung immer vom Lesen ab.
Dein Fazit wäre allerdings: Unsinn?

5

Dienstag, 29. März 2011, 11:11

Einfach ist es wirklich nicht. Und es ist auch wesentlich anspruchsvoller als die Buddenbrooks. Aber ich finde, es lohnt sich. ^^
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Dienstag, 29. März 2011, 11:58

"Zauberberg" schreckt mich seit Jahren schon allein vom Umfang ab (zumindest meine geerbte Ausgabe ist gefühlte 10cm dick).
Ich finde als Thomas-Mann-Einstieg eignet sich seine Novelle "Der Tod in Venedig" auch gut :-)
Und sowieso kann ich die Werke seiner frühen, dekandenten Phase empfehlen (wie "Wälsungenblut"). Zum 50. Todestag hat der Fischer-Verlag auch einen sehr guten und preiswerten Band mit seinen Erzählungen heraus gebracht, ist inzwischen aber sicher vergriffen.
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Das ist eines der Geheimnisse des Lebens:
Die Seele mit den Mitteln der Sinne und die Sinne mit den Mitteln der Seele zu heilen.
Oscar Wilde (1854-1900)

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Dienstag, 29. März 2011, 12:19

Hast du was draus gelernt? Oder wurde eine bereits gehabte Lehre besonders gut dargestellt. Es scheinen ja der Tod und die Realität wie auch das Leben und die Surrealität diametral entgegengesetzte Begriffspaare zu bilden. Denn der Tod wie er dem Leben widerspricht und die Surrealität wie sie der Realität widersprechen, scheinen primäre parallel laufende Gegensätze zu bilden. Wozu?

8

Dienstag, 29. März 2011, 17:53

Vielen Dank für die Anregungen, ich werd mal schauen, ob ich an den Erzählungenband herankomme.

Was mir sonst noch einfällt: Ich lese zur Zeit Dieter Forte: Auf der anderen Seite der Welt (2006). Das Thema scheint mir sehr ähnlich , auch hier geht jemand in ein Sanatorium um zu Sterben. Auch in diesem Roman werden die Zeit, die Parallelwelt und einige andere Punkte aus dem Zauberberg thematisiert. Zudem wurde er auch bei S. Fischer veröffentlicht. Vielleicht ist es ja interessant für den ein oder anderen, der Gefallen am Zauberberg gefunden hat. Mit einem Vergleich kann ich allerdings nicht dienen ;)

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »buschi« (29. März 2011, 17:57)


9

Mittwoch, 30. März 2011, 10:38

Danke fuer den Tipp.:)

Subjekt, ich denke, die Frage nach einem Wozu erübrigt sich, da diese Begriffspaare per se die Besonderheit oder Unbegreifbarkeit des Lebens selbst beschreiben. Man koennte sie, genau genommen, auch vertauschen und waere immer noch richtig. Das Leben ist surreal und der Tod real und anders herum. Diese Vertauschbarkeit ist, m.E.n. eine der grundlegenden Aussagen im Zauberberg die am Ende des Buches im Ausbruch des Krieges kulminiert.
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42!

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Mittwoch, 30. März 2011, 12:51

Ich habe diesen Bandmit seinen Erzählungen letztes Jahr gelesen.
Mein erstes Werk von Mann war "Der Tod in Venedig" - eine sehr tolle Erzählung. Dazu kann ich auch wärmstens den Film "Tod in Venedig" von Visconti empfehlen - jedoch erst nachdem man die Novelle gelesen hat. Da ich kein Kunstfilm-Spezialist bin, hätte ich sehr große Probleme gehabt, den Film, bzw. die Gedankengänge des Hauptdarstellers nachzuvollziehen.
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"Man bräuchte eine Menge Kobolde, aber möglich wärs."


11

Mittwoch, 30. März 2011, 14:26

Wie geht es den Menschen im Angesicht dieser Surrealität, wenn aus der Surrealität Unbegreiflichkeit folgt. Ist dabei die Surrealität ein Bezwinger? Besiegt sie den Menschen?

12

Mittwoch, 30. März 2011, 16:19

Da bei Mann am Ende der Krieg steht, wuerde ich ein Ja vermuten. Selbst wenn es nicht so waere draengt sich der Eindruck auf. Nicht nur im Buch. ;)
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Mittwoch, 30. März 2011, 16:25

Also ist Krieg surreal, unbegreiflich und ein Sieger über den Mensch?

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Mittwoch, 30. März 2011, 16:43

Ja. Aber nicht nur der Krieg. Auch die Realität/Surrealität des Todes.
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Mittwoch, 30. März 2011, 22:05

Sanatorium und der Krieg scheinen eine Stufenfolge des Todes darzustellen. Zum ersten ist der Tod als Erlittenes zugegen. Im Letzteren Fall geht es nicht mehr um das Sterben, sondern um das Töten. Um die Kindalegorie hier mit einzubeziehen, ist im ersten Fall der Zukunft ein Ende gesetzt, im zweiten Fall wird sie selbstständig beendet. Denn Krieg scheint als eigenständiges Zerstören der Zukunft visionär im Traum vorweggenommen zu sein. Als Kranker ist der Mensch Leidend und scheidet aus wachsender Schwäche aus. Als Krieger ist er tätig, überhebt sich über seine natürliche Rolle des Lebens und scheidet trotz der wesentlich zukommenden Möglichkeit einer Zukunft aus dem Leben, weil er den Tod nicht mehr nur erleidet, sondern ihn selbstständig herstellt. Doch in keinem Fall gibt es eine Zukunft. Den Weg durchschreitet jemand, der zunächst Teil des Lebens war, weil er eine Biographie gehabt hat, mit welcher er einen Lebensfortschritt vollzogen hat. Eine Karriere des Daseins, nach praktischem Planen gerichtet. Geht es dabei um die Fragilität des Lebens als Zusammenhang von aufeinander aufbauenden Lebensvollzügen? Lebensvollzüge machen Sinn, weil man Karriere machen kann, während die Krankheit und das Töten die Karriere der aufeinander aufbauenden Lebensvollzüge zerstört. Doch wozu diese Informationen? Kann ich etwas lernen, außer dass es so ist? Oder geht es hier um die Momentaufnahme? Kann der Mensch nun was aus sich machen oder werde ich darauf vorbereitet etwas zu akzeptieren?

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Donnerstag, 31. März 2011, 00:03

Es geht beim Zauberberg nicht um den Krieg. Fuer diese Diskussion waeren Barbuse, Remarque und Juenger oder Benn besser geeignet.

Im ersten Teil deiner Vermutung hast du absolut recht, bis zu dem Punkt an dem du das Toeten ansprichst. Für Mann war das Töten im Zauberberg, und auch sonst denke ich, nie das Thema. Er schaut vielmehr auf die Umstände vorher. Und es geht um Psychologie. Im Prinzip ist der Zauberberg die(!) große Allegorie zu den Umständen vor dem 1.WK.
Der letzte Teil deiner Argumentation ist, fuer mich persoenlich treffend, praezise und absolut wahr, Thema des Zauberberges ist dieses allerdings nicht.
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »sandria_girrith« (31. März 2011, 00:18)


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