„Früher war alles besser“-Lamentieren erreicht jede Generation und Szene irgendwann. Du möchtest die Gründe nicht wirklich aufgezählt haben, sicher kannst Du sie Dir bereits denken. Der Mensch wird gesättigter, normaler, entfernter, erwachsener, gesetzter, familiärer oder einfach andersartig (wie jüngere, welche sich neuen Dingen zuwenden) usw. Dies alles war dazumals kein Hindernis, solang es genügend gab, was einen berauschte, wie die schwarze Kunst in allen Formen, Farben und Klängen. Es begann immerhin vor über dreißig Jahren und wahrscheinlich hält keine Richtung ewig. Keine Ahnung, was heut angesagt ist, ist mir auch egal. So geht’s sicher vielen, außer ihnen ist es wichtig, permanent im Mittelpunkt zu leben. Das Wgt wird ebenfalls irgendwann enden und dann geht’s in 300 Jahren noch einmal von vorn los.
Zudem wird der Mensch mit zunehmendem Alter (in dem sich die meisten von uns nunmal befinden
) vor allem komplizierter. Er kann sich mit der Zeit nicht mehr zwanglos in Gruppen zusammenfinden, ohne dass bereits erwähnter verbaler oder emotionaler (Konkurrenz)Kampf auftaucht. Im Gegensatz zur Jugend, wo’s einfach rausgelassen wurde, wird jegliches nun eher innerlich ausgeführt und sorgt dafür, dass sich alle distanzieren, ohne im Klaren zu sein. Damals hat man's ausgetragen und danach wieder mit nem Getränk angestoßen. Und ganz damals hat man erst Ball gespielt, sich dann verkloppt, und dann wieder zusammen Ball gespielt. Das ist irgendwie im Laufe des Lebens nicht mehr möglich. Alles wird nachgetragen und bis ins Kleinste analysiert. Ging’s mal um was anderes, als Saufen und Tanzen mit Gleichgesinnten ? Wenn man darauf grad keine Lust verspürt, bleibt oft nicht viel übrig.
Ohne Lockerheit gibt es weder Forum noch Veranstaltung, und ohne Künstler, um die sich die Seelenverwandten scharren, keine Szene. Nehmt's selbst in die Hand, macht Musik, Veranstaltungen, Lesungen, was auch immer. Jene, welche es in den letzten Jahren versucht haben, sind gescheitert, da das Interesse kaum noch da ist. Keiner hat derzeit die Kraft, darum zu kämpfen, dass es wieder "groß" wird. Muss es doch auch nicht. Den meisten reicht inzwischen der kleine Kreis, hauptsache Spaß und ein schöner Abend. Dass überzeugte Leute in Halle mit Foren und Veranstaltungen weitermachen, finde ich beachtlich. Besser sieht's in anderen Städten beileibe nicht aus. Manche machten schon ganz dicht.
Warum ist das Interesse nicht mehr da ? Keine Ahnung, irgendwann kennt man alles. Wenn man immer viel erleben möchte, sollte man im Laufe seines Lebens "mit der Zeit" gehen und wird sich woanders wiederfinden. Alle anderen hängen an Nostalgie (abseits der wenigen guten Künstler in der Gegenwart) und entweder mögen sie's für sich oder sollten's ändern. Es gibt auch keine Lokale mehr, in denen gemäß vor fast 100 Jahren wie verrückt Charleston getanzt wird. Alles wurde mit der Zeit eher Spezialevent mit einigen Leuten aus der Stadt oder größeren Veranstaltungen, für die man landesweit werben muss. Mach mal nen Metalabend. Du weißt, wenn man Massen möchte, geht das fast nur noch auf Riesenfestivals. Selbst einzelne berühmte Bands ziehen kaum noch, außer sie treffen weiterhin die Zielgruppe unter20 wie Metallica (unglaublich. Vererbung als Erklärung?). Es gibt nur wenige zeitlose Dinge, und diese mussten fern des Begreifens über alle Grenzen berühmt werden, damit sie nach Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten noch bei Tausenden so beliebt sind (siehe Beatles, Shakespeare.. wer auch immer). Solang lebste eh nicht. Ansonsten trinkt man eben mit den fünfen in der Kneipe oder beim kleinen Gig sein Bier und hängt Erinnerungen nach.
Prost. Da haste Deine Diskussion – über uns selbst
Und sicher steht's alles bereits hier irgendwo geschrieben