Du bist nicht angemeldet.


Lieber Besucher, herzlich willkommen bei: Schwarzes Halle. Falls dies dein erster Besuch auf dieser Seite ist, lies bitte die Hilfe durch. Dort wird dir die Bedienung dieser Seite näher erläutert. Darüber hinaus solltest du dich registrieren, um alle Funktionen dieser Seite nutzen zu können. Benutze das Registrierungsformular, um dich zu registrieren oder informiere dich ausführlich über den Registrierungsvorgang. Falls du dich bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert hast, kannst du dich hier anmelden.

1

Freitag, 6. März 2009, 16:14

Milk

Vielleicht erhält Gus van Sants letzter Film "Milk" (so wie letztes Jahr "No Country for Old Men") durch den Oscar für Sean Penn als bester Hauptdarsteller die Beachtung, die er verdient hat.

In dem Film geht es um die Lebensgeschichte von Harvey Milk, dem ersten bekennenden Schwulen, der in den USA in ein öffentliches Amt gewählt wurde.
Milk zieht 1972 mit seinem Lebensgefährtebn nach San Francisco um dort ein neues Kapitel seines Lebens zu beginnen. Sie eröffnen einen kleinen Laden und leben ihre Liebe öffentlich. Sie sind Mitbegründer der dortigen Schwulenbewegung und (wenn man dem Film glauben kann) hauptsächlich für die Organisation selbiger verantwortlich.
Im eher konservativen Umfeld, sind sie mit Ablehnung und Vorurteilen konfrontiert. Es gibt unverhältnismäßig brutale Razzien seitens der Polizei, die wiederum bei Übergriffen wegschaut.
Harvey Milk beschließt selbst politisch aktiv zu werden und kandidiert für einen Platz im Stadtrat. Zeitgleich holt die konservative Seite zum Gegenschlag aus und versucht die Bürgerrechte Homosexueller einzuschränken.
Milk opfert sein Privatleben für sein politisches Engagement und schafft es nach mehreren Enttäuschungen doch in den Stadtrat einzuziehen.
Hier macht er sich jedoch nicht nur Freunde. Er stirbt -wie auch der Bürgermeister- durch die Hand des Stadtrats Dan White.

Der Film orientiert sich über weite Strecken an der Dokumentation "The times of Harvey Milk". Einige Szenen wurden 1:1 nachgedreht.
Die Originalaufnahmen im Abspann verdeutlichen das gute Casting und Sean Penns Darstellung stimmt Kritiken zu Folge mit Mimik und Gestik des "echten" Harvey Milk auf beeindruckende Weise überein.

Ein politischer Film, der trotzdem nicht zu kopflastig wird oder mit der Betroffenheitskeule kommt.
Ein Drama über einen Mann, der versucht seinem Leben Bedeutung zu verleihen (und das auch schafft).
Kein Popcorn-kino, sondern wirklich gute Unterhalt mit Bedeutung. Ich würde ihn unbedingt weiter empfehlen!
Im Puschkino läuft er übrigens noch bis 11. März.

Zitat von »Filmdienst«

  Penn gelingt das Kunststück, Milk nicht nur als Ikone des gesellschaftlichen Aufbruchs zu zeichnen, sondern darüber hinaus auch als Mann, dessen Körpersprache von einer homosexuellen Praxis erzählt – ohne dabei nur mit zwei, drei Gesten aus dem Tuntenkabinett für die Galerie zu zaubern. Penn rettet der Figur neben allen politischen Strategien ein wichtiges Moment freundlich-optimistischer Naivität, auf der das öffentlichkeitswirksame Charisma Milks zu gründen scheint – auch, als er bereits als erfolgreicher Politiker „etabliert“ ist. Hier nimmt sich jemand permanent sein Recht, ein würdevolles Leben „out of the closet“ zu führen.
...
Von durchaus gewollter Aktualität erscheint, dass der Widerstand gegen die Liberalisierung der Lebenswelt seitens christlicher Fundamentalisten unerhört borniert argumentiert („There are evil forces roundabout us!“). Dass der Erfolg der Emanzipationsbewegungen überkommene Werteordnungen in Frage stellt, bezeugt die tiefe Verstörung des späteren Mörders Dan White, der für den schlitzohrigen Charme des pragmatischen Utopisten Harvey Milk und wohl auch für die Zeitläufte zu einfach gestrickt ist. Van Sant verzichtet allerdings darauf, diese Figur zu dämonisieren. Dan White ist jemand, der nicht mehr mit kommt, dessen Aggression aber trotzdem weniger eine Reaktion auf Milks Lifestyle ist, sondern aus der Frustration über dessen politische Erfolge herrührt. Gegen das modisch gewordene 1968er-Bashing führt Gus Van Sant unmissverständlich vor Augen, dass es gerade mal 40 Jahre her ist, als Homosexuelle damit rechnen mussten, verhaftet, verprügelt, drangsaliert und bestenfalls diskriminiert zu werden. „Milk“ setzt den Erfolgen der mutigen Aktivisten aus den 1970er-Jahre ein filmisches Denkmal, erzählt von der Kraft, die es braucht, sich wider den reaktionären Zeitgeist zu behaupten. Dass dieser kollektive Kampf durchaus hedonistische Party-Qualitäten haben kann, verbürgt hier ein großartiger Disco-Soundtrack inklusive eines famosen Auftritts der schwulen Pop-Ikone Sylvester („You make me feel mighty real“).

Trailer

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »grisu« (6. März 2009, 16:19)


2

Samstag, 7. März 2009, 12:51

Ich stimme meiner Vorposterin und dem filmdienst uneingeschränkt zu. Der Film ist subjektiv einfach "richtig". Trotz des schwierigen Themas fühlt er sich nie gekünstelt oder aufgesetzt an, was man sowohl Gus Van Sants Regie, als auch der Schauspielerriege zu verdanken hat.
Sean Penn, der spätestens seit Dead Man Walking imho zur Oberklasse der als "Charakterschauspieler" bezeichneten Riege gehört, agiert mit einem Ausdruck, der den Homosexuellen "realistisch" darstellt, fernab vom Tuckengehabe von 99% aller schwulen Rollen, aber immer erkennbar. Kleinste Gesten und seine offene Mimik lassen eine Lebensfreude durchschauen, die beeindruckend ist. Wenn man bedenkt, dass der Film in den 70ern spielt, als fast nur die extrovertiertesten Homosexuellen sich offen bekennen, sind auch die Nebenrollen, die teilweise näher am Klischee agieren, sehr glaubwürdig.
Die schauspielerische Leistung Penns ist nicht hoch genug einzuschätzen, auch weil Milk zwar ein "Held" der Gay-Rights-Bewegung, aber im Privatleben nicht fehlerlos war, da er seine politischen Ambitionen oft genug über seine persönlichen Beziehungen gestellt hat, was im Film auch in all seiner Tragik dargestellt wird.

Kurz und gut: Der Film ist auf jeden Fall eine Empfehlung für jeden, der sich für die Zeit, die Entstehung der Schwulenbewegung, aber auch allgemein für die Problematik der Emanzipierung von "Minderheiten" interessiert. Schwul, schwarz, Ausländer, behindert, letzten Endes gleichen sich die Szenarien. Und wer einfach einen unterhaltsamen Film sehen will, ist auch nicht verkehrt, auch wenn zumindest ein grobes Gefühl fürs Thema vorrausgesetzt wird.

PS: Wenn jemand die Doku "The Times Of Harvey Milk" besitzt, möge er sich bei mir melden, 20€ bei Amazon sind für mich an der Grenze des Angemessenen.
______________________________

"Demokratie ist die schlechteste Regierungsform - außer all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind."
Winston Churchill

"Das beste Argument gegen die Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit dem durchschnittlichen Wähler."
Winston Churchill