Die Frage, ob ich Menschenfleisch essen würde, stellt sich mir nicht. Ich verzehre kein Fleisch. Ich hasse den Geschmack. Ergo erübrigt sich diese Überlegung für mich persönlich.
Bei dieser Frage kommt mir der Italienische Fernsehkoch in den Sinn, der, nachdem er zugegeben hatte, auch Katzen zuzubereiten, auf heftigste Kritik stieß. Die Kritik ist verständlich, auch ich finde die Vorstellung abartig. Jedoch muss man Folgendes bedenken: Der Wert, den wir einem Lebewesen zugestehen, ist sozial geprägt. Kätzchen sind süß und niedlich und liebenswert und vor allem als Gefährten sehr viel tiefer in unserem Bewusstsein verankert als beispielsweise das Rind. Und das ist meines Erachtens auch das einzige (mal von profanen Dingen wie Haltung und Fleischertrag abgesehen), das andere Fleischlieferanten von der Katze unterscheidet. Rein logisch betrachtet dürfte dann doch niemand, der guten Gewissens Schwein, Rind, Gans oder Kaninchen (Letzteres finden ja einige auch zu niedlich, um es zu verputzen.) verspeist, etwas dagegen haben, Katzen zu essen, oder? Und wie weit ist dann der Schritt zum Menschenfleisch?
Hier stellt sich die Frage nach Selbstbestimmung. Wieviel Selbstbestimmung können wir einem Tier zugestehen? Es will mit Sicherheit überleben. Wieviel einem Menschen?
Es ist eine Frage der Wahrnehmung. Als Mensch nehmen wir selbstverständlich Vertreter unserer Rasse viel detaillierter wahr, empfinden Empathie und verknüpfen vielfältige Verhaltensmuster und Handlungsmöglichkeiten mit unserem Gegenüber. Genauso verhält es sich mit dem Tier. Es gibt Menschen, die beispielsweise ihre Hunde als bloßen Wachschutz für ihr Grundstück ansehen, sich kaum um sie kümmern und die das auch nicht sonderlich kratzt. Und dann gibt es diejenigen, die sich mit ihrem Haustier beschäftigen und mitbekommen, wie ein Tier reagiert, wieviel Logik oder Motivation es entwickeln kann, um seine Interessen durchzusetzen oder wie auch Tiere im Schlaf träumen und, genau wie der Mensch, ab und an deshalb auch mal unruhig schlafen und unkontrollierte Gesten machen. Wenn ein Mensch eine solche Bindung zu einem Tier eingeht, achtet er es viel mehr. Und dann wird auch die Vorstellung, das Tier zu essen, Gegenstand großen Widerstands.
Mein Fazit ist: Man kann ein Tier nicht als Individuum betrachten, wenn man es verspeist. Wenn man einen Menschen nicht als Individuum betrachtet (An dieser Stelle finde ich es auch gut, dass du vom Kannibalenthread unterscheidest, denn da war nicht die Nahrungsaufnahme im Vordergund, sondern der Akt des Verspeisens.), könnte man sicherlich auch Menschenfleisch verzehren. Und hier liegt (zum Glück) auch die Schwierigkeit.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Deimos« (20. März 2010, 16:08)