Im Mai sind bei uns Betriebsratswahlen. Ich hatte mich entschlossen für diesen zu kandidieren.
Doch bei "unserem" BR ist das so eine Sache. Ein BR soll ja eigentlich die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten. Doch bei uns gibt es schon lange so genannte Listenwahlen. Jede Gewerkschaft stellt eine eigene Liste auf und dazu gibt es (in diesem Jahr) noch 6 Listen die sich unabhängig nennen. Das führte vor Jahren dazu, das sich im BR Fraktionen bildeten. Bei den "Gewerkschaftslisten" gibt es mit der Weile vor den eigentlichen BR-Sitzungen Fraktionssitzungen. Hält sich jemand nicht an die Fraktionsdisziplin scheint es anständig Mobbing zu geben, denn schon mehrere BR-Mitglieder aus den "Gewerkschaftslisten" haben ihr Mandat vorzeitig nieder gelegt.
Ich selber bin Mitglied in 2 Gewerkschaften (Transnet und GDBA) und habe von beiden schon "Feuer" bekommen weil ich es wagte mich nun also auf einer unabhängigen Liste zur BR-Wahl zu stellen. Bei dieser Liste wissen alle, das ich mich niemals einer Fraktionsdisziplin unterordnen werde und habe es trotzdem auf den Listenplatz 4 (von 12) geschafft, habe also eine realistische Chance in BR zu kommen.
Doch frage ich mich nun, ob ich das überhaupt tun soll. Der Ärger ist vor programmiert. Ich polarisiere doch ganz schön. Die Hälfte der Mitarbeiter sieht mich lieber von Hinten als von vorne. Die andere Hälfte kann mich ganz gut leiden. Das alleine lässt mich kalt. Weniger unberühert lässt mich der Gedanke, das dies natürlich auch im BR so sein wird. Ich trete ja zur Wahl an, um aktiv etwas gegen die Fraktionsbildung und den Streit im BR zu unternehmen. Aber ich merke bereits jetzt, das ich ein Streitpunk innerhalb des BR bin. Ich bekomme anonyme E-Mails mit beleidigendem Inhalt, wo die Behauptung, ich als Ossi solle erst einmal lernen was Demokratie ist bevor ich aktiv daran teil nehmen will, das geringste ist.
Im Moment stehe ich vor der Frage, ob ich meine Kandidatur nicht zurück ziehen sollte. Stress habe ich so schon genug. Ich habe die Aufgabe übernommen - neben meiner eigentlichen Arbeit - ein Handbuch und eine Powerpointpräsentation für die die Schulung zu der neuen Software für die Fahrgastinformation zu schreiben. Ich soll ab April - vorläufig - Ausbilder dafür werden. Ich habe die Chance auf einen Arbeitsplatz - der gerade neu geschaffen wird - der zu dem auch besser bezahlt wird und bin - halboffiziell - mit einem anderen Kollegen zusammen die "rechte Hand" des Mitarbeiters, der für die neue Technik zuständig ist. Die, die mich kennen wissen, das ich die Belastung BR dazu noch schultern kann und vor allem, das ich das schon länger vorhabe. Und doch habe ich im Moment echt Zweifel.