Mörder?
Ich sitze im Zug DB Regio 54, auf der Fahrt nach Leipzig. Draußen regnet es und ich liebe es, wenn es regnet. Was wohl meine Liebe macht? Ob er weiß, dass ich etwas für ihn empfinde? Empfindet er vielleicht auch etwas für mich? Sicherlich nicht. Wer sollte mich schon lieben? Blödes Hirngespenst. Ich bin Dreck. Ich habe es nicht verdient, geliebt zu werden.
Siebenundzwanzig Minuten Zugfahrt die mir jedes Mal so ewig erscheinen. Ich bin allein. Ich bin immer allein im Zug 54. Eine Durchsage hallt durch das Abteil: „Auf Grund von Bauarbeiten, wird der Zug 54, mit 15min Verspätung in Leipzig Hauptbahnhof eintreffen. Wir bitten um Entschuldigung!“ Auch das noch. Aus meinen Kopfhörern erklingt grade das Intro von
„Contact the fact“ von The Sound.
Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf. Davon sind 99% negativ. Ich weiß, ich sollte nicht so viel grübeln, aber es gibt so viele Dinge, vor denen ich Angst habe.
Regen prallt gegen die Scheibe des Zuges. Ich würde ihn so gern auf meiner Haut spüren. Im Regen tanzen, weinen und die Arme in die Luft reißen. Tief einatmen und wahrnehmen, dass ich lebe. Ich möchte es hinaus schreien. Ich lebe! Ich bin nicht tot! Ich liebe! Doch der Schrei verstummt in tausend Gedanken und meine Fantasien verblassen innerhalb von Sekunden, als mich ein Schmerz zurück in die Realität reißt. Ich habe so fürchterliche Kopfschmerzen. Mir wird schlecht und alles beginnt sich zu drehen. Es soll aufhören! Aufhören, habe ich gesagt!!! Ich bin erschöpft. Ich versuche die Augen zu schließen. Im Moment ist es mir egal, wo ich ankomme. Ich habe kein zu Hause. Ich flüchte mich immer zu einem anderen Ort, in der Hoffnung, so etwas wie Geborgenheit zu finden. Vergebens. Plattenbauten begrüßten mich mit einem tristen Ausdruck der Einsamkeit. Ich möchte sterben. Ich weiß nicht wohin. Ich habe kein Ziel. Es gibt weder einen Anfang noch ein Ende. Es ist auswegslos.
In meinem Herzen befindet sich die Sehnsucht. Die Sehnsucht nach Liebe. Die Sehnsucht, die nie gestillt werden kann. Eine Wunde, die nie heilen wird. Es tut immer noch weh.
Ich ertrage es nicht. Ich ertrage mich nicht.
Kurz bevor ich die Augen endgültig schließe, versuche ich mir das Bild des stürmischen Himmels einzuprägen. Die dunklen Wolken, das Geräusch des abprallenden Regens. Diesen einzigartigen Geruch der Luft, wenn es regnet. Die angenehme Kühle...
Schreie! Blut! Was ist passiert? Jemand ruft nach Hilfe. Es könnte ein junges Mädchen sein. Vielleicht in meinem Alter. Ich folge den Hilferufen und der Blutspur auf dem Boden. Die Spur verliert sich im nächsten Abteil und auch die Schreie sind verstummt. Ein unwohles Gefühl macht sich breit und ich versuche zu verhindern, dass Angst mich beherrscht.
Irgendwo muss sie doch sein. Dann, zusammengekauert auf einem Sitz, sehe ich ein Bündel Elend sitzen. Sie zittert am ganzen Körper. Ihre Kleidung ist voller Blut. Unter ihrem Sitz hat sich eine große Lache Blut gesammelt, dass zwischen ihren Beinen, weiter nach unten rinnt. Ihre Schmerz erfüllten Augen sehen mich mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut an. Es dauert nicht lange und sie wird ohnmächtig. Ich gerate in Panik und suche nach Hilfe. Irgendwer muss doch hier sein. Ein Schaffner, andere Fahrgäste. Ein besoffener Penner, Jugendliche oder ein paar Punks. Irgendwer. Ich suche den ganzen Zug ab, nichts, niemand. Erst jetzt fällt mir auf, dass der Zug in der Zwischenzeit nicht einmal gehalten hat. Es ist viel zu still. Keine Ansagen, kein Geräusch, kein Räuspern, keine Gespräche. Nichts! Auf dem Rückweg fällt mir die Toilette ein, die muss ich übersehen haben. Am WC angekommen, bietet sich mir ein Bild des Grauens....
„In Kürze erreichen wir den Hauptbahnhof Leipzig!“ Ich reiße meine Augen auf. Ich bin von Schweiß gebadet. Eine junge Frau spricht mich an und fragt, ob alles okay sei? Ich antworte mit ja. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster. Es hat aufgehört zu regnen. Der Zug hält an. Ich steige aus und meine Liebe wartet bereits auf mich. Er schaut mich verwirrt an. Was ist denn mit dir passiert, du hast Blut an deinen Händen! Ich sehe auf meine Hände und beginne zu schreien, es fängt wieder an zu regnen und ich gehe zu Boden. Jetzt spüre ich den Regen auf meine Haut...
Sleepmask
Aufgepasst! Hier treffen melancholische Gitarren auf sehr verträumte und düstere Sounds. Kompletiert wird es durch die sanfte Stimme Ming Vauze`. Im Jahre 2005 in L.A., entfernte sich Ming Vauze von seinem alten Projekt "Faculty X" und gründete inspiriert von Vorreitern wie "Tones on Tail", "Sisters of Mercy" oder "Fad Gadget" die Band Sleepmask. Musikalisch bewegt sich der Stil zwischen alternativen Postpunk bis hin zu Shoegaze. Deutlich herausragende Songs sind „Voudou“, „Slumber party massacre“ oder „Slave“. Die Band ist auf alle Fälle empfehlenswert, denn grade in unserer heutigen Zeit, sehnt man sich doch sehr nach musikalischen Spezialitäten, die keine Eintagsfliegen sind. Sleepmask versetzen den Hörer in Trance. Hierbei handelt es sich nicht um eine Band aus alten Tagen... Nein, Sleepmask sind aktueller denn je. Ein paar Hörproben gibt es auf ihrer
MySpace Seite.
Ausgabe: August 2010