Original von Seth_
Gut und Boese sind Unterscheidungen, die subjektiv getroffen werden. Subjektivität bedeutet individuelle Wahrnehmung der Realität. Da jeder Mensch seine eigene Realität kreeiert, ist die Diskussion über eine allgemeingültige Definition der beiden Begriffe hinfällig!
Ganz im Gegenteil.
Gerade weil es aufgrund der Subjektivität, oder anders wegen der selbstreferentiellen Geschlossenheit lebender Systeme, also wegen deren Autonomie, keine allgemein gültigen Gesetze zu geben scheint, aber andererseits diese Lebewesen, im hierigen Falle die Menschen, nicht autark sind, also nicht vollkommen unabhängig anderer Lebewesen bspw. innerhalb einer menschlichen Gesellschaft überleben können, erfordert dieses Paradox zwischen Autonomie und Autarkie eine Diskussion über einen zumindest halbwegs geteilten Konsens z.B. bezogen auf die Unterscheidung zwischen Gut und Böse.
Soll heißen, dass es zwar keine absolute Objektivität hinsichtlich solcher vom Menschen geschaffenen Unterscheidungen geben kann, aber es dennoch eine rekursive Objektivität zu geben scheint, also Betrachtungen über das, was gut oder böse ist, die sich zwar im Laufe der menschlichen Geschichte oder von Kultur zu Kultur unterscheiden können, aber dennoch meist an bereits Bestehendem anknüpfen, sei es im Widerspruch oder in der Bejahung des Bestehendem.
So kann bspw. ein Verhalten einer Person als böse gelten, wenn es Konsequenzen für einen anderen nach sich zieht, die dessen physische und/oder dessen psychische Unversehrtheit gegen dessen Willen bedrohen oder massivst beeinträchtigen, obwohl man (also der Handelnde) sich dessen vollkommen bewusst ist und dies eben nicht legitimieren kann (nach welchen Kriterien auch immer; einfachstes Beispiel wäre ein "normaler" Mord in einem physischen Sinne). Und genau dann stellt sich die Frage, wie halt nicht nur der Bedrohte bzw. das Opfer, sondern eben auch die Gesellschaft, innerhalb derer sich ein solches Ereignis vollzieht, darauf insofern adäquat zu reagieren hat, als dass sich ein solches "Verbrechen" möglichst nicht wiederholt, also mögliche Opfer geschützt werden, aber auch dem Täter eine dem "Guten" entsprechende Strafe zugeführt, sprich nicht einfach "Böses" mit "Bösem" vergolten wird.
Es bedarf schlichtweg einer zwar nicht absoluten, aber eben auch nicht rein willkürlichen Ordnung, an der sich der Einzelne zumindest hinreichend innerhalb seines alltäglichen sozialen (aber auch psychischen) Alltags orientieren kann (aber wiederum nicht muss), bspw. hinsichtlich dem, was erlaubt und was nicht erlaubt ist.
Gäbe es nur die reine Subjektivität des Einzelnen, wie kann man sich dann ein halbwegs stabile Ordnung bzw. ein nun doch schon über einige Jahrtausende mehr oder weniger "erfolgreiches" menschliches Zusammenleben erklären, wenn nicht über eine gewisse Form (rekursver) Objektivität, die dem menschlichen Zusammenleben innewohnt, und die zu entdecken sich so viele Philosophen bzw. Gesellschaftswissenschaftler zur Aufgabe gemacht haben?
Und wenn nicht bezogen auf die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, die vermutlich so was wie Moral voraussetzt, worüber sich wieder vortrefflich diskutieren ließe, worauf dann ließe sich die Entstehung von Recht bzw. die Entstehung einer Unterscheidung zwischen recht und unrecht begründen (ganz gleich ob die konkrete Ausprägung einer solchen Unterscheidung vom Einzelnen nun als "gerecht" erlebt wird oder nicht, wobei sich auch dann wieder die Frage nach dem Warum und Wie stellt, die wohl nicht an eine Konzeption von Moral (bzw. einer moralischen Ordnung) vorbei kommt)?